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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 06.12.2001
Aktenzeichen: 5 B 93/01
Rechtsgebiete: BauGB, LBO, BauNVO, VwGO


Vorschriften:

BauGB § 30 Abs. 1
LBO § 86 Abs. 1 S. 3
BauNVO § 1 Abs. 6 Ziff. 1
BauNVO § 6 Abs. 3
VwGO § 80 Abs. 2 Ziff. 4
VwGO § 80 Abs. 5 S. 1
Die Umgestaltung eines zunächst als Gewerbe angemeldeten Swinger-Clubs in einen Verein mit dem Zweck der gemeinsamen Pflege freizügiger Geselligkeit ändert nichts an dessen Charakter als Vergnügungsstätte; insbesondere dann nicht, wenn die Werbung sich weiterhin an jedermann wendet.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES VERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Az.: 5 B 93/01

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (Nutzungsuntersagung)

hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 5. Kammer - am 06. Dezember 2001 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Antragsteller wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 18.000,-- DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller wenden sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine mit Sofortvollzug versehene Nutzungsuntersagung hinsichtlich eines von ihnen in einem Einfamilienhaus betriebenen Swinger-Clubs.

Die Antragsteller sind Mieter eines Einfamilienhauses in H.. Laut Mietvertrag mit einer Laufzeit bis zum Jahre 2011 vom 12.07.2001 ist Gegenstand der Vermietung die Benutzung des Einfamilienhauses mit einer Einliegerwohnung mit ca. 81,91 qm und einer Hauptwohnung mit ca. 150,09 qm als Wohnung und teilgewerblicher Nutzung. Außerdem vermietet ist ein Gebäude mit Büroräumen mit ca. 138 qm. Es ist im Mietvertrag eine Mietsicherheit in Höhe von insgesamt 50.000,-- DM vereinbart. Die Gesamtnettokaltmiete ohne Betriebskosten beträgt 6.200,-- DM. In dem eingeschossigen Wohnhaus mit ausgebautem Dachgeschoss, das außerdem voll unterkellert ist, haben die Antragsteller insgesamt vier sog. Vergnügungsräume, einen Umkleideraum, eine Bar, einen Sauna- und Duschbereich und ein Esszimmer eingerichtet.

Die zunächst unter dem 01.09.2001 erfolgte Gewerbeanmeldung als Swinger-Club ist durch eine entsprechende Abmeldung am 19.10.2001 geändert worden. Mit entsprechender Werbung im Internet und über Zeitungsannoncen machten die Antragsteller auf ihren Swinger-Club "" und dessen Eröffnung am 01.09.2001 aufmerksam. In einem Vorbericht vom 24.08.2001 in der N. Zeitung vom 24.08.2001 wurde unter Zugrundelegung von Angaben der Antragsteller berichtet, als passende Kleidung für die Gäste empfehle das Betreiberpärchen hübsche Dessous, Bademoden, Lack- oder Lederdress. Nicht allerdings für FKK-Partys, die regelmäßig stattfinden sollen. Drogen seien nicht erwünscht und Prostituierte hätten keinen Zutritt. Für den Zutritt würden Männer 150,-- DM, Paare 60,00 DM zahlen. Damen würden das Swinger-Etablissement kostenlos besuchen dürfen.

Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans 102 der Gemeinde H., nach dessen Festsetzungen es sich um ein Mischgebiet handelt, in dem die Errichtung von Vergnügungsstätten ausdrücklich ausgeschlossen ist.

Auf eine Anzeige der Gemeinde und Einwendungen der Nachbarn wurde von Seiten des Antragsgegners ein bauordnungsrechtliches Verfahren eingeleitet. Die Antragsteller wurden mit Schreiben vom 19.09.2001 zu der Absicht angehört, die aus der Sicht des Antragsgegners planungsrechtlich unzulässige Nutzung als Vergnügungsstätte zu untersagen. Die Antragsteller haben hierzu unter dem 27.09.2001 angegeben, dass sie die Nutzung für zulässig halten würden und beabsichtigten, sie fortzusetzen. Ggfs. wollten sie einen Verein gründen, um auf dieser Grundlage die Nutzung zu betreiben.

Mit jeweils gleichlautenden Bescheiden vom 04.10.2001 untersagte der Antragsgegner den Antragstellern die Nutzung des Wohngebäudes als Vergnügungsstätte (Swinger-Club) und ordnete gleichzeitig die sofortige Vollziehung an. Für den Fall, dass die Antragsteller der Nutzungsuntersagung nicht nachkommen sollten, wurde die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 4.000,-- DM angeordnet. Zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung heißt es u.a. in den Bescheiden:

"Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist im überwiegenden öffentlichen Interesse geboten, da gerade bei ungenehmigter gewerblicher Nutzung eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der Öffentlichkeit eintreten kann. Die Anwohner haben bereits durch eine Unterschriftensammlung ihrer Betroffenheit Ausdruck verliehen. Es ist ihnen nicht zuzumuten, eine rechtswidrig betriebene Vergnügungsstätte ggfs. bis zum Abschluss eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht hinnehmen zu müssen. Es kann ebenfalls nicht hingenommen werden, dass Gewerbetreibende, die gegen die Bestimmungen der Landesbauordnung verstoßen und sich hierdurch ggfs. einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen, besser gestellt werden als Gewerbetreibende, welche die Vorschriften beachten. Im vorliegenden Fall entsteht durch den Betrieb der am Standort nicht zulässigen und damit einzigen Vergnügungsstätte durch das Fehlen von Konkurrenz ein erheblicher Vorteil."

Gegen die den Antragstellern jeweils am 08.10.2001 zugestellten Ordnungsverfügungen legten diese durch ihren Prozessbevollmächtigten unter dem 19.10.2001 mit der Begründung Widerspruch ein, das Gewerbe sei abgemeldet. Sie würden einen privaten Verein gründen und den Swinger-Club nicht mehr gewerblich betreiben. Von den Mitgliedern würden Mitgliedsbeiträge erhoben. Eine kommerzielle Nutzung werde nicht mehr erfolgen. Entsprechende Werbemaßnahmen würden eingestellt. Es würde ausschließlich für einen privaten Club geworben werden.

Einen gleichzeitig gestellten Antrag der Antragsteller auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 23.10.2001 ab.

Am 23.10.2001 haben die Antragsteller und acht weitere Personen eine Gründungsversammlung zur Gründung des Vereins "." durchgeführt und dabei den entsprechenden Verein gegründet, dessen 1. Vorsitzende die Antragstellerin zu 1. und ihr 1. Stellvertretender der Antragsteller zu 2. sind. Die Gründungsversammlung beschloss gleichzeitig eine Vereinssatzung, in der es unter § 2 zum Zweck heißt:

"Der Verein bezweckt die gemeinsame Pflege freizügiger Geselligkeit sowie die gemeinsame Nutzung von Haus und Grundstück des Anwesens P. in H.."

Die Regelung der Höhe und Fälligkeit der Mitgliedsbeiträge wurde einer noch anzuberaumenden ordentlichen Jahreshauptversammlung der Mitglieder vorbehalten.

In einer Anzeige vom 26.10.2001 in der Bildzeitung Hamburg hieß es nun: "N. bei M. und P., der private Swinger- und Saunatreff" unter Angabe der entsprechenden Telefonnummer.

In der Folgezeit ist durch die örtliche Polizeistation regelmäßig eine Überprüfung durchgeführt worden, ob die mit Sofortvollzug versehene Nutzungsuntersagung beachtet wird. Dabei haben die Antragsteller auf Nachfrage der erschienenen Polizeibeamten am 28.10.2001 angegeben, es seien lediglich Bekannte zu Besuch und diese seien zu Kaffee und Kuchen eingeladen. Es würde sich um fünf Pärchen handeln. Eine Anzeige in der Bildzeitung, in der auf einen Tag der offenen Tür am selben Tag hingewiesen worden sei, betrachteten die Antragsteller als eine Anzeige wie einen Nachruf, woraufhin alle Betroffenen zum Kaffee eingeladen würden. Bei einer Kontrolle am 03.11.2001 hörten die anwesenden Polizeibeamten ein Gespräch zwischen drei Männern vor dem streitbefangenen Haus mit, wonach einer der Männer angegeben habe, dass er doch nicht in den "Laden" wolle. Als Grund habe er genannt, dass ein Mann, nur mit einer knappen Unterhose bekleidet, die Tür geöffnet und 150,-- DM als Eintrittsgeld verlangt habe. Dies sei diesem anscheinend zu viel gewesen. Auf Rücksprache mit dem Antragsteller habe dieser mitgeteilt, dass er mit Freunden eine Feier veranstalte.

Am 29.10.2001 haben die Antragsteller bei dem Gericht um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Sie sind der Auffassung, die Nutzungsuntersagung sei rechtswidrig, so dass kein öffentliches Interesse an ihrer sofortigen Vollziehung bestehen könne. Die Nutzung ihres Gebäudes durch einen privaten Swinger-Club stelle keinen Betrieb einer Vergnügungsstätte dar, der nach dem Plan der Gemeinde ausgeschlossen sei. Es fehle für die erforderliche Kommerzialität an der notwendigen Gewinnerzielung.

Die Antragsteller beantragen,

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 19.10.2001 gegen die Nutzungsuntersagungsverfügung des Antragsgegners vom 04.10.2001 wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er trägt vor, die mit der Nutzungsuntersagung belegte Einrichtung sei unabhängig davon, ob es als Gewerbe oder als privater Verein organisierter Swinger-Club betrieben werde, eine Vergnügungsstätte, die nach dem Bebauungsplan in dem Gebiet ausgeschlossen sei. Daher sei die Ordnungsverfügung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung zu Recht erfolgt.

Die Antragsteller werben weiterhin im Internet unter der Homepage für den Swinger-Club nun mit dem Kürzel e.V.i.G.. Als Preise geben sie dort wie schon vor Eröffnung der Einrichtung weiterhin an, dass Damen freien Eintritt haben, Herren DM 150,-- und Paare DM 60,-- Eintritt bezahlen sollen. Hinweise oder Einschränkungen darauf, dass nur Vereinsmitglieder Zutritt haben, finden sich dort nicht. Neuen Besuchern wird ein kleines Geschenk und eine Ermäßigung um 20% in Aussicht gestellt. Die Sonderveranstaltungen sind in der Rubrik "Zusatztermine" für eine Reihe von Tagen bis einschließlich 31.12.2001 angegeben. Außerdem heißt es dort: "Immer Freitags: 19.00 - ?? Uhr ... Party für Jedermann !!".

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von dem Antragsgegner übersandten Beiakten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der Beratung.

II.

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

Die gerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 1 VwGO ergeht auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung. Gegenstand der Abwägung sind das private Aufschubinteresse und das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsaktes. Lässt sich bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung ohne weiteres feststellen, ist diese mithin offensichtlich rechtswidrig, so ist die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs anzuordnen bzw. wiederherzustellen, da an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Bescheides kein öffentliches Interesse bestehen kann. Erweist sich der angefochtene Bescheid aufgrund einer summarischen Überprüfung hingegen als offensichtlich rechtmäßig, so bedarf es bezüglich der für sofort vollziehbar erklärten Verfügung neben der evidenten Rechtmäßigkeit noch eines besonderen öffentlichen Vollziehungsinteresses, welches mit dem Interesse am Erlass des Verwaltungsaktes nicht identisch ist. Lässt sich weder offensichtliche Rechtswidrigkeit noch die evidente Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides feststellen, so bedarf es zur Entscheidung einer weiteren Interessenabwägung.

Die in diesem Verfahren vorzunehmende Interessenabwägung geht zu Ungunsten der Antragsteller aus, da schon bei summarischer Überprüfung erkennbar ist, dass ihre Widersprüche gegen die Nutzungsuntersagungsverfügung vom 04.10.2001 offensichtlich keinen Erfolg haben werden.

Rechtsgrundlage der Nutzungsuntersagung ist § 86 Abs. 1 Satz 3 LBO. Danach kann die Bauaufsicht die Nutzung baulicher Anlagen untersagen, wenn sie im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein solcher Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften bereits bei formeller Illegalität der Nutzung, d.h. beim Fehlen einer erforderlichen Baugenehmigung gegeben.

Die von den Antragstellern betriebene Nutzung ist baugenehmigungspflichtig. Die erforderliche Baugenehmigung liegt nicht vor. Die Änderung einer Nutzung eines mit Baugenehmigung zu einem bestimmten Zweck errichteten Gebäudes ist immer dann genehmigungspflichtig, wenn die abweichende Nutzung sich etwa wegen besondere städtebaulicher und planungsrechtlicher Relevanz nach anderen - strengeren -Vorschriften beurteilt als die bislang zugelassene Nutzung. Die hier streitbefangene Nutzung des als Einfamilienhaus genehmigten Gebäudes weicht insofern von dem genehmigten Nutzungszweck ab, als der Betrieb eines Swinger-Clubs in der von den Antragstellern selbst beschriebenen Weise weder in der Form eines angemeldeten Gewerbes noch als Verein vom Begriff des Wohnens mit umfasst wird. Vielmehr handelt es sich im Sinne von § 6 Abs. 3 BauNVO, der hier angesichts der Bebauungsplanfestsetzung als Mischgebiet Anwendung findet, um eine Vergnügungsstätte, die wiederum angesichts der ausdrücklichen Festsetzungen des maßgeblichen Bebauungsplans auch nicht ausnahmsweise im Mischgebiet zulässig ist.

Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist der Begriff Vergnügungsstätte in seiner bauplanungsrechtlichen Bedeutung losgelöst von gewerberechtlichen und steuerrechtlichen Regelungen als eigenständiger planungsrechtlicher Nutzungsbegriff zu betrachten, der im untrennbaren Zusammenhang mit der städtebaulichen Ordnung steht. Die Regelung über die Vergnügungsstätten zählen zum Inbegriff der Normen, die erforderlich sind, um ein gedeihliches Zusammenleben innerhalb der jeweiligen Gemeinde zu gewährleisten. Demzufolge steht nicht die Frage nach der kommerziellen Unterhaltung im Vordergrund, sondern in welcher Weise die unter dem Begriff "Vergnügungsstätte" zusammengefassten Nutzungsarten sich innerhalb der einzelnen Baugebiete auswirken können (Fickert/Fieseler Rn. 22.1 zu § 4 a BauNVO). Will man allein Vergnügungsstätten so definieren, dass es sich um wirtschafts- und gewerberechtlich besondere Arten von Gewerbebetrieben handeln sollte, bei denen - in unterschiedlicher Weise - die kommerzielle Unterhaltung der Besucher bzw. Kunden im Vordergrund steht (so die zitierte Auffassung von Dolde/Schlamann u.a. dargestellt in Ernst/Zinkahn/Bielenberg Rn. 58 zu § 4 a BauNVO), so würde dies zu kurz greifen. Ohne den kommerziellen Charakter als Voraussetzung vollständig aufgeben zu müssen, bedarf es einer Konzentration auf die für die Auswirkungen maßgeblichen Ziele der Nutzung. Dementsprechend handelt es sich immer dann um eine Vergnügungsstätte, wenn es sich um solche Angebote der Freizeitgestaltung geht, die nicht in erster Linie auf Geselligkeit, sondern auf Amüsierkonsum und Unterhaltung zur Freizeitgestaltung gerichtet sind. Vergnügungsstätten ist typisierend eigen, dass sie eine meistens erhebliche Lärmbelästigung der Funktion Wohnen bewirken. Es liegt in der Natur von Vergnügungsstätten, dass sie mehr oder minder von Unruhe, Lautheit und anderen der Wohnruhe als hervorstechendes Merkmal des Wohnens abträglichen Begleiterscheinungen geprägt und infolge dessen in den dem Wohnen dienenden Gebieten im Regelfall unzulässig sind. Die allgemein bekannten Störungen und Belästigungen, das Drum und Dran, u.a. durch den Zu- und Abfahrtsverkehr zur Nachtzeit und das Verhalten der durch die Vergnügungsstätten entsprechend animierten Besucher sind im allgemeinen nämlich nicht zu verhindern oder zu unterbinden.

Nach Auswertung der dem Gericht zur Verfügung stehenden Unterlagen ist auch die Ausgestaltung des Swinger-Clubs als privater Verein, der nur Mitgliedern zugänglich sein soll, nicht geeignet, der beanstandeten Nutzung die Eigenschaft einer Vergnügungsstätte zu nehmen. Insofern kommt es von vornherein bereits nicht auf die gewählte Rechtsform, sondern allein auf die tatsächlich ausgeübte Art der Nutzung an. Das auch nach Umwandlung des Swinger-Clubs in einen privaten, möglicherweise demnächst eingetragenen Verein nicht zu einer nennenswerten tatsächlichen Veränderung des Charakters als einer Vergnügungsstätte geführt hat, ergibt sich offensichtlich angesichts eines Vergleichs zwischen der noch unter Gewerbeanmeldung und der jetzt nach Gewerbeabmeldung betriebenen Nutzung. Zum einen strahlt die anlässlich der Eröffnung auch in der Lokalpresse durch deren Berichterstattung betriebene Werbung für den Swinger-Club auch auf den jetzigen Verein noch aus, der sich dies nicht nur zufällig dadurch zu Nutze macht, dass er weiterhin in nahezu gleicher Form für sich wirbt und lediglich den Zusatz privat eingefügt hat. Angesichts der für ein Wohnhaus extrem überdimensionierten, von den Antragstellern zu leistenden Monatsmiete für das Wohnhaus mit über 4.000,-- DM und auch der entsprechend festgelegten Mietkaution in Höhe von 50.000,-- DM spricht überwiegendes dafür, dass zur Deckung der entstehenden Kosten und bei dem betriebenen Aufwand selbstverständlich auch zur Sicherung des Lebensunterhalts der Antragsteller der Betrieb weiterhin darauf gerichtet ist, entsprechende Einnahmen, sei es nun in der vorherigen Form durch Eintritt oder in der jetzt vorgesehenen durch Mitgliedsbeiträge zu erzielen. Damit besteht auch der kommerzielle Aspekt des Angebots an die Mitglieder oder Kunden fort. Daran können auch die schriftsätzlich und mündlich von den Antragstellern in wiederholter Form dargebrachten Beteuerungen nichts ändern, zumal die Feststellungen im Polizeibericht vom 03.11.2001, wonach ein potentieller Kunde angesichts einer Forderung von 150,-- DM als Eintritt von einem Besuch Abstand genommen hatte, die Beteuerungen der Antragsteller als bloße Schutzbehauptung erscheinen lassen. Auch die Vereinssatzung ist so ausgestaltet, dass ohne weiteres jeder potentielle bisherige Kunde zukünftig durch einfache schriftliche Erklärung kurzfristig Mitglied des Vereins werden kann und durch Zahlung seines im übrigen noch festzulegenden Mitgliedsbeitrages Zugang zum Swinger-Club erhält. Es handelt sich also insofern keineswegs um eine rein private Veranstaltung unter engen Bekannten oder Freunden, sondern eine weiterhin nach außen offene Einrichtung, für die auch entsprechend im Internet geworben wird. Angesichts der Inhalte der Internet-Homepage am 06.12.2001 deutet nichts darauf hin, dass sich die Antragsteller an einen abgeschlossenen Kreis von Vereinsmitgliedern wenden. Vielmehr werden gerade mehr als nur solche dort so bezeichnete "Insider" angesprochen und mit Ermäßigungen und kleinen Geschenken gelockt. Dass es sich um einen Verein handeln soll, kann allein aus der Bezeichnung e.V.i.G. im Namen geschlossen werden. Die weiterhin ohne Hinweis auf etwaige Vereinsmitgliedschaft oder Mitgliedsbeiträge genannten Eintrittspreise zeigen deutlich, dass die Ausgestaltung als Verein nur der in diesem Verfahren - nicht einmal auf Homepage - bezweckten Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse dient. Letztendlich stellt die Umwandlung des ursprünglich als Gewerbe angemeldeten Swinger-Clubs und die Fortführung der gleichartigen Betätigung als Verein einen untauglichen Versuch dar, das einer in jedem Fall gewerblich betriebenen entsprechenden Einrichtung drohende Verbot der Nutzung durch eine andere Bezeichnung zu umgehen (vgl. zu einem ähnlichen Fall: VGH Baden-Württemberg vom 08.06.1999, BRS 62 Nr. 74, in dem ein Bordellbetrieb als "Verein für zwischenmenschliche Beziehungen" geführt wurde, dessen dort tätige Prostituierte als sog. Wochenmitglieder und deren Freier als Tagesmitglieder behandelt werden sollten).

Mangels erforderlicher Baugenehmigung liegt daher die erforderliche formelle Illegalität für den Erlass einer Nutzungsuntersagung bereits vor.

Von dem Grundsatz, dass eine Nutzung allein schon bei formeller Illegalität untersagt werden kann, gilt allerdings dann eine Ausnahme, wenn die durchgeführt Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig ist. Eine derartige offensichtliche Genehmigungsfähigkeit liegt nur dann vor, wenn Verstöße gegen bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Vorschriften evident nicht gegeben sind und sich eine nachträgliche Erteilung einer Baugenehmigung als bloße Formalie darstellen würde. Ein solcher Fall ist vorliegend erkennbar nicht gegeben. Als Vergnügungsstätte ist die streitbefangene Nutzung als Swinger-Club in dem vom Bebauungsplan als Mischgebiet festgesetzten Bereich ohnehin nach der Regelung des § 6 Abs. 3 BauNVO nur ausnahmsweise zulässig. Im vorliegenden Fall hat die Gemeinde bei Aufstellung des Bebauungsplans zudem von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, gemäß § 1 Abs. 6 BauNVO diese Ausnahme nicht zum Bestandteil des Bebauungsplans werden zu lassen, so dass bereits bauplanungsrechtlich der Swinger-Club dort nicht zugelassen werden kann.

Bei einer derartigen Sach- und Rechtslage ist eine von der Bauaufsichtsbehörde verfügte Nutzungsuntersagung grundsätzlich eine ermessensgerechte Entscheidung. Dies gilt auch für die Anordnung des Sofortvollzuges. Insofern ist regelmäßig auch ein überwiegendes Interesse für einen Sofortvollzug anzunehmen.

Sinn des für ein genehmigungspflichtiges Vorhaben erforderlichen Genehmigungsverfahrens ist es, zu prüfen, ob die bauliche Anlage und ihre Nutzung den baurechtlichen Vorschriften entspricht. Dadurch sollen insbesondere Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgeschlossen werden, die dadurch entstehen können, das bauliche Anlagen und ihre Nutzung dem öffentlichen Baurecht widersprechen. Schon diese Notwendigkeit der präventiven Kontrolle macht es erforderlich, dass die Bauaufsichtsbehörden gegen eine ungenehmigte Nutzung einer baulichen Anlage Maßnahmen ergreifen können müssen. Ein sofort vollziehbares Nutzungsverbot führt, wenn die bauliche Anlage genehmigungspflichtig sein sollte wie hier, im übrigen nur zu einer zeitlichen Verzögerung, die den zeitlichen Vorsprung desjenigen beseitigt, der mit der Nutzung beginnt, ohne die erforderliche Genehmigung abzuwarten. Er wird dadurch nur so gestellt, wie jeder andere gesetzestreue Bürger, der die Nutzung erst nach Durchführung des notwendigen Baugenehmigungsverfahrens und etwaigen Abnahmen beginnt. Die u.a. auch darauf abgestellte Begründung für den Sofortvollzug ist daher nicht zu beanstanden. Während als insoweit nicht ausreichende formelhafte und pauschale Wendungen, Gesetzestextwiederholungen und die bloße Bezugnahme auf die Begründung des Grundverwaltungsaktes zu gelten haben, wurde vorliegend die Dringlichkeit der Nutzungsuntersagung zu Recht unter Hinweis auf das Gebot der Gleichbehandlung aller Bauherrn begründet, welches nicht nur ein Einschreiten überhaupt, sondern ein unmittelbar wirksames Einschreiten erforderlich macht, um eine Begünstigung deren, die gegen geltendes Recht verstoßen, auszuschließen.

Ebenso wenig war die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes zu beanstanden, so dass der Antrag wegen offensichtlicher Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen war.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 iVm § 20 Abs. 3 GKG, wobei für die ungenehmigte Nutzung von einem Jahresnutzwert von mindestens 36.000,-- DM ausgegangen wird, der angesichts des vorläufigen Charakters des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes auf die Hälfte zu reduzieren war.

Ende der Entscheidung

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